KiTa

Die Kindergartenzeit ist eine sehr wichtige Phase für die Entwicklung des autistischen Kindes. In dieser Zeit wird häufig der erste Verdacht auf das Vorliegen von Autismus geäußert, diagnostische Untersuchungen folgen, und wenn sich der Verdacht bestätigt, gibt es große Veränderungen im Familiensystem. Die Eltern werden mit dem Vorliegen einer lebenslangen, tiefgreifenden Beeinträchtigung des Kindes konfrontiert und müssen sich auf diese neue Situation einstellen. Das führt zu großer psychischer Belastung, zeitlichen und persönlichen Herausforderungen – bspw., weil sie das Kind zu unterschiedlichen Therapien begleiten müssen, in Förderinhalte mit einbezogen werden, Sorge um das Wohl der Geschwister haben (die mglw. zu kurz kommen), ihren Hobbies und Verpflichtungen (auch Arbeit) nicht mehr wie gewohnt nachgehen können – kurz gesagt: das System Familie verändert sich, wird neu aufgestellt, und das braucht seine Zeit.

Die gute Unterbringung des Kindes in einer Kindertagesbetreuung kann für Entlastung sorgen, es gibt nur im Vorfeld einiges zu bedenken:

 

Auswahl des passenden Betruungangebots

Für Kinder mit Autismus gibt es verschiedene Angebote im Vorschulbereich. Da die Kinder häufig überfordert sind mit größeren Gruppen, weil es ihnen zu laut und zu unübersichtlich ist, kann es anfangs sinnvoll sein, das Kind in einem Spielkreis anzumelden, wo es nur zwei- oder dreimal wöchentlich für zwei oder drei Stunden ist, damit es sich an andere Kinder, einen neuen Ort, andere Strukturen und unbekannte Erwachsene gewöhnen kann. Vielfach kann dort ein Elternteil erst einmal anwesend sein und dem Kind die Gewöhnung erleichtern. Es ist davon auszugehen, dass die Betreuungskräfte in der Spielgruppe sich bisher nicht mit Autismus beschäftigt haben und eine Zeit benötigen, um sich einzuarbeiten. Das fachliche Knowhow, die Möglichkeit, gezielte Fortbildungen zu besuchen und sich mit versierten Kolleg:innen auszutauschen und zu beraten kann als gering eingestuft werden, auch wenn mglw. eine hohe Motivation besteht.

Auch Tagesmütter und -väter bieten Betreuung von Kleinkindern und Vorschulkindern an. Positiv ist, dass es in der Regel kleine Gruppen sind, die in einem familienähnlichen Setting meist recht flexibel betreut werden. Auch hier kann man nicht davon ausgehen, auf eine autismusversierte Kraft zu stoßen. Da es jedoch eine kleine Gruppe ist, können mglw. für das autistische Kind individuelle Bedingungen geschaffen werden, die ihm helfen, eine gute und förderliche Zeit zu haben.

Inzwischen gibt es für Kinder ab einem Jahr einen Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz und mit Vollendung des dritten Lebensjahres auf einen Platz in der KiTa. Die Realität ist allerdings eine andere, da nicht genügend Kindergartenplätze insbesondere aufgrund der deutschlandweiten Personalknappheit in pädagogischen Berufen zur Verfügung gestellt werden können. Eltern sollten sich also frühzeitig um einen geeigneten Platz kümmern, dabei jedoch die besonderen Bedarfe des Kindes nicht aus den Augen lassen. Es gibt integrative bzw. inklusive Kindergärten und Heilpädagogische Kindergärten. Des Weiteren kann ein autistisches Kind in einem Regelkindergarten betreut werden, dann erfolgt meist Begleitung und Unterstützung durch eine Integrationskraft. Hierfür ist i.d.R. eine fachliche Begründung notwendig. Es empfiehlt sich also, sich an das Fachpersonal in der KiTa zu wenden, um erfolgreich zu sein.

Diese Kraft wird aus den Mitteln der Sozialhilfe oder Jugendhilfe finanziert. Die Eltern wenden sich an den für sie zuständigen Träger der Eingliederungshilfe. Dort können sie um Hilfe und Unterstützung bitten oder gleich einen Antrag stellen. Hierfür sind bestimmte Formalitäten (wie das Ausfüllen eines Formulars) notwendig. Die Behörde prüft in einem festgelegten Verfahren den individuellen Bedarf an sog. Eingliederungshilfeleistungen des Kindes. Nach Prüfung des Antrags erhalten die Eltern einen Bewilligungs- oder Ablehnungsbescheid. Es empfiehlt sich, mit dem Thema Verfahrensrecht vertraut zu sein, da immer wieder Fristen nicht eingehalten werden.

Bei dem pädagogischen "Offenen Konzept", das in einigen Einrichtungen eingesetzt wird, gibt es bei Kindern mit Autismus durchaus Vorbehalte. Hierunter versteht man die offene Arbeit in der Einrichtung. Die Kinder werden nicht in Stammgruppen betreut. Stattdessen können die sie ihre Spiel- und Lernumgebung in Funktionsräumen weitestgehend frei aussuchen. Durch das selbstbestimmte Auswählen der Angebote werden Stärken und Interessen gefördert – jedes Kind hat den Willen, lernen zu wollen und dies geschieht in der aktiven Auseinandersetzung mit der Umwelt. Für Kinder mit Autismus besteht das Problem, dass sie mit der Eigenorganisation in der Regel überfordert sind, da für sie Strukturen (Stuhlkreis, Tagesablauf, feste Betreuer:innen und feste Zeiten) fehlen. Sie wählen ggf. immer dasselbe Angebot aus oder verbringen den Tag an einem sicheren Platz am Rande. Hier ist die Begleitung durch eine persönliche Assistenzkraft oder einer festen Bezugsperson, die Struktur vorgibt, dem Kind einen festen Rahmen gibt, ihm in schwierigen Situationen weiterhilft und vor allem ein „Sprachrohr“ für es darstellt, von immenser Wichtigkeit.

 

Für einen guten Start in den Kindergarten sind folgende Punkte wichtig:

  • Intensive Kommunikation zwischen Eltern und Pädagog:innen (z.B. Fragebogen zur individuellen Symptomatik) betr. Sensorik, Kommunikation, Interaktion, Strukturen, Stressoren, Orientierung, Spezialinteressen, Motivation, Lernstrategien, Besonderheiten im Alltag (Gefahren, Weglaufen, Essgewohnheiten, Toilettenbenutzung etc.), z.B. Erstellng eines "Ich-Flyers"
  • Vertrautmachen des Kindes mit Personen, Räumen, Weg (z.B. mit Fotos), möglichst schon im Vorfeld des KiTabesuchs
  • Aufenthaltsdauer zunächst individuell anpassen (weniger Stunden, nur vier Wochentage etc.)
  • Das Kind ohne Druck und Stress ankommen lassen
  • Vertrautes von zu Hause zulassen (spezielles Essen, Objekt zur Beruhigung etc.)

 

Ein optimaler Kindergarten für ein Kind mit Autismus:

  • Individueller Blick auf jedes Kind, Offenheit und Wertschätzung
  • Verständnisvolles und respektvolles Personal, das bereit ist, sich auf ein besonderes Kind einzustellen
  • Fachliche Expertise (mündliche und schriftliche Entwicklungsplanung)
  • Bereitschaft zu fachlichem Austausch, Fortbildungen und Vernetzung
  • Einbeziehung von internen und externen Therapeut:innen
  • Kontinuität im Betreuungsteam
  • Angebot einer verlässlichen Tagesstruktur
  • Individueller Einsatz der Methode Unterstützte Kommunikation (UK)
  • Strukturierte Räume mit Bereitstellung von Rückzugsmöglichkeiten
  • Zulassen von Wahrnehmungshilfen wie Geräuschschutz, Trennwänden und bspw. Basecaps (Schutz vor Licht und anderen visuellen Reizen)
  • Bewusstes Angebot von Lern und Spielmaterialien
  • Feste Gruppen statt gruppenübergreifender Angebote
  • Sicheres Außengelände mit förderlichen Geräten und Materialien
  • Beachtung des eingeschränkten Gefahrenbewusstseins des Kindes mit Autismus