Aktuelles

In dieser Rubrik wird regelmäßig über aktuelle autismusspezifische Rechtsprechung sowie wichtige gesetzliche Neuregelungen informiert.

17.06.2024 | Aus einer Rundinformation der BAG Selbsthilfe:
BSG: Eingliederungshilfe muss Taxi für Schulweg bezahlen

"Mit Beschluss vom 08.05.2024 bestätigte das Bundessozialgericht (Az.: B 8 SO 3/23 R) eine Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen mit Urteil vom 16. Oktober 2023 (Az.: L 9 SO 387/21). Geklagt hatte eine heute 17-jährige Schülerin mit einem Grad der Behinderung von 100. Die schwerst gehbehinderte Schülerin hatte im streitigen Schuljahr den 1,1 Kilometer langen Schulweg täglich mit dem Taxi zurückgelegt, weil sie die Strecke infolge ihrer Behinderung weder zu Fuß gehen noch mit dem Fahrrad fahren konnte. Einen Schülerspezialverkehr, welcher sie von zu Hause abholte oder nach Schulschluss wieder zurückbrachte, gab es wegen des kurzen Schulweges nicht. Bereits während der Grundschulzeit organisierten die Eltern einen Transport mit dem Taxi. Als das Kind auf das Gymnasium wechselte, zahlte der neue Schulträger für das Schuljahr eine Wegstreckenentschädigung in Höhe von insgesamt 62,42 Euro. Die Eltern übernahmen die restlichen 2.179 Euro für die im Schuljahr angefallenen Taxifahrten. Die Schülerin beantragte beim Träger der Eingliederungshilfe, die Erstattung der vorgestreckten Taxikosten für den Schulweg. Die Behörde sah die Eltern in der Pflicht. Diese verfügten über zwei Autos und müssten das Kind selbst zur Schule bringen und wieder abholen. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen gab jedoch der Schülerin recht mit der Begründung, ihre Eltern seien nicht verpflichtet, sie mit dem Auto zur Schule zu bringen, denn Kinder ihres Alters ohne Beeinträchtigung würden den Schulweg üblicherweise allein zurücklegen."
Quelle: BAG Selbsthilfe, www.bag-selbsthilfe.de

Anmerkung: Die Entscheidung bestätigt eine verfestigte Rechtsprechung zu Beförderungskosten als „Annexkosten“ im Rahmen von Leistungen der Eingliederungshilfe zur Teilhabe an Bildung. Die Konstellation lässt sich in bestimmten Fällen auf Schulkinder mit Autismus übertragen: Bei einem vergleichbaren Bedarf, d. h. wenn ein Schulkind mit Autismus den Schulweg aufgrund seiner Behinderung weder zu Fuß noch mit dem Fahrrad zurücklegen kann und es auch keinen öffentlichen Schülerspezialverkehr geben sollte, haben die Eltern einen entsprechenden Anspruch auf Finanzierung von Taxikosten durch die Eingliederungshilfe.

20.12.2023 | Änderungen 2024

Quelle: https://anthropoi-selbsthilfe.de/service/newsletter-infos/

Anpassung der Regelsätze in der Grundsicherung nach SGB XII zum 1. Januar 2024

Die Regelsätze in der Grundsicherung nach SGB XII werden zum 1.1.2024 erneut deutlich erhöht. Menschen mit Assistenzbedarf, die in besonderen Wohnformen leben, erhalten den Regelsatz nach der Regelbedarfsstufe 2. Dieser beträgt aktuell 451 EUR/Monat. Ab dem 1. Januar 2024 erhöht sich dieser Betrag auf 506 EUR/Monat. Da sich auch der Mehrbedarf für das Merkzeichen G prozentual an der jeweiligen Regelbedarfsstufe orientiert, erhöht sich damit auch der Mehrbedarf für das Merkzeichen G um fast 10 EUR/Monat.
Der Mehrbedarf für das Mittagessen in der WfbM/FuB wird ebenfalls erhöht auf dann täglich 4,13 EUR.

Erhöhung des Aufwandspauschale für ehrenamtliche Betreuer*innen ab 2024

Am 15.12.2023 hat der Bundesrat der Inflationsausgleichs-Sonderzahlung für ehrenamtliche Betreuer*innen in Höhe von 24 EUR pro Jahr ab 2024 zugestimmt. Für ehrenamtliche rechtliche Betreuer*innen hat dies zur Folge, dass Sie im Jahr 2024 insgesamt einen Aufwandspauschale für die rechtliche Betreuung in Höhe von insgesamt 449 EUR erhalten. Einer gesonderten Antragstellung dazu bedarf es für bereits bestehende rechtliche Betreuungen nicht. Die Abgabe des Jahresberichts gilt als Antrag und umfasst auch die Sonderzahlung. Nur wer erstmalig als ehrenamtliche rechtliche Betreuer*in bestellt ist, muss die Aufwandsentschädigung einmalig ausdrücklich beantragen. Danach gilt auch in diesen Fällen die Abgabe des Jahresberichts als Antragstellung. Hinweis: Ehrenamtliche rechtliche Betreuer*innen sollten darauf achten, dass die Sonderzahlung auch tatsächlich ausgezahlt wird.
Das Gesetz tritt zum 01.01.2024 in Kraft. Die Sonderzahlung ist befristet auf die Jahre 2024 und 2025. Das hat den Hintergrund, dass die Vergütung der rechtlichen Betreuung evaluiert werden soll und anschließend geplant ist, die Vergütung entsprechend dem Ergebnis der Evaluation anzupassen.

 

31.10.2023 | Rechtliche Änderungen für Menschen mit Behinderung ab 2023

Quelle: https://bvkm.de/

Aktuelle Informationen des Bundesverbandes für körper- und mehrfachbehinderte Menschen (bvkm):

"Mein Kind ist behindert – diese Hilfen gibt es" -  Überblick über Rechte und finanzielle Leistungen für Familien mit behinderten Kindern (Stand Oktober 2023)

Wichtige Rechtsänderungen ab 1.1.2023 für Menschen mit Behinderungen und ihre Familien.

 

Quelle: anthropoi-selbsthilfe.de/services/newsletter-dez-2022/

Mehraufwendungen für gemeinschaftliche Mittagsverpflegung: Erhöhte Pauschalen ab 1.1.2023

In § 42b Absatz 2 SGB XII werden Mehraufwendungen bei gemeinschaftlicher Mittagsverpflegung in einer Werkstatt für behinderte Menschen, bei einem anderen Leistungsanbieter oder im Rahmen vergleichbarer anderer tagesstrukturierender Maßnahmen anerkannt. Zum Jahresbeginn 2023 steigt der Betrag für die Mehraufwendungen von 3,57 auf 3,80 Euro je Arbeitstag und Person.
Die Mehraufwendungen je Arbeitstag belaufen sich pro Person auf ein Dreißigstel des Betrags, der sich nach § 2 Absatz 1 Satz 2 der Sozialversicherungsentgeltverordnung in der jeweiligen Fassung ergibt. In seiner Sitzung am 16. Dezember 2022 stimmte der Bundesrat der 13. Verordnung zur Änderung der Sozialversicherungsentgeltverordnung zu.
Da die Zahl der Arbeitstage über die Monate schwankt, kann in der Regel eine pauschalierte Bewilligung vorgenommen werden. Bei einer 5-Tage Arbeitswoche werden 19 Arbeitstage pro Monat zugrunde gelegt (72,20 Euro), bei einer 4-Tage Woche sind es 15 Arbeitstage (57 Euro).

Bürgergeld – wie profitieren Menschen mit Assistenzbedarf von den geplanten Änderungen

Zum 01.01.2023 wird das Bürgergeld im SGB II eingeführt. Die geplanten Änderungen betreffen in erster Linie Menschen, die Grundsicherung nach dem SGB II (bisher auch bekannt als Hartz IV) beziehen. Allerdings sind auch bei der Grundsicherung nach dem SGB XII Änderungen vorgesehen, die Menschen mit Assistenzbedarf betreffen. Die Regelsätze steigen wegen der stark gestiegenen Kosten für den Lebensunterhalt. Menschen mit Assistenzbedarf, die in besonderen Wohnformen leben, erhalten haben dem 01.01.2023 monatlich 451,00 EUR (in 2022 404 EUR). Außerdem wird der Vermögensfreibetrag von 5.000 EUR auf 10.000 EUR erhöht. Da sich auch der Vermögensfreibetrag im Betreuungsrecht am SGB XII orientiert, profitieren davon auch alle Menschen mit rechtlicher Betreuung.
Betreuungsrecht.

Reform des Betreuungsrechts und neue Aufgaben für rechtliche Betreuer/innen bei der Bedarfsermittlung

Ab 1. Januar 2023 gelten im Betreuungsrecht neue Regelungen. Auch im Zusammenhang mit dem BTHG – z.B. bei den Aufgaben als rechtliche Betreuer/innen bei der Bedarfsermittlung. Informationen dazu finden Sie den Heften Betreuungsrecht der antropoi Selbsthilfe unter Info Nr. 1 und Nr. 2:
https://anthropoi-selbsthilfe.de/service/betreuungsrecht/

Der sozialpolitische Fachtag des bvkm
https://bvkm.de/
vom 17.11.2022 informierte über das Schwerpunktthema: Reform des Betreuungsrechts
Folien von Dr. Olav Stumpf: Von der Stellvertretung zur unterstützten Entscheidungsfindung: Neue Rolle für ehrenamtliche Betreuer:innen – neue Aufgaben für Betreuungsvereine!
Betreuungsrecht ab 2023 - was ist noch neu: Impulsreferat von Moritz Ernst

 

15.12.2022 | Reform der Kinder- und Jugendhilfe

Siehe die aktuelle Darstellung der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendhilfe unter https://www.agj.de/sonstige-seiten/sgb-viii.html

Wichtig für die Familien mit autistischen Angehörigen ist die dritte Stufe der Reform: die künftige sachliche Zuständigkeit der Kinder- und Jugendhilfe. Ab dem Jahr 2028 (also in fünf Jahren) wird geregelt sein, dass Leistungen nach dem SGB VIII für junge Menschen mit (drohender) seelischer Behinderung auch für Menschen mit (drohender) körperlicher oder geistiger Behinderung vorrangig vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe gewährt werden. Das bedeutet, dass alle Kinder und Jugendlichen mit einer Autismusdiagnose ab 2028 Leistungen der Eingliederungshilfe einheitlich nur noch von einem Leistungsträger, und zwar vom Träger der Jugendhilfe erhalten werden. Die zweigleisige Zuständigkeit SGB IX/SGB VIII für junge Menschen mit Behinderung wird damit endgültig entfallen.

Bis Ende 2027 gilt weiterhin die bisherige Regelung, damit die Träger der Jugendhilfe genug Zeit haben, sich entsprechend fachlich und personell mit den notwendigen Ressourcen ausstatten zu können.

autismus Deutschland e.V. wird kritisch darauf achten und sich dafür einsetzen, dass alle Leistungen in qualitativer und quantitativer Hinsicht nicht weniger oder schlechter werden. Alle Menschen mit Autismus, gleich welchen Alters, haben einen Anspruch auf volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft! 

 

07.12.2022 | Eckpunkte des Deutschen Vereins zu Wirkung und Wirksamkeit in der Eingliederungshilfe

Quelle:
https://www.deutscher-verein.de/de/aktuelles-2022-pressemitteilung-eckpunkte-des-deutschen-vereins-zu-wirkung-und-wirksamkeit-in-der-eingliederungshilfe-4580,2709,1000.html

"Das Präsidium des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V. hat am 7. Dezember 2022 die anliegenden Eckpunkte des Deutschen Vereins zu Wirkung und Wirksamkeit in der Eingliederungshilfe beschlossen. Mit den Eckpunkten möchte der Deutsche Verein Impulse in die aktuelle fachliche Debatte um die Begriffe Wirkung und Wirksamkeit im Bereich der Eingliederungshilfe einbringen, damit ein gemeinsames Verständnis entwickelt werden kann. Die unbestimmten Begriffe Wirkung und Wirksamkeit wurden mit dem Bundesteilhabegesetz (BTHG) erstmals im Kontext der Eingliederungshilfe an zentralen Stellen im Leistungsrecht und im neuen Vertragsrecht im SGB IX gesetzlich verankert. Sie wurden gesetzlich weder definiert noch konkretisiert. Die Erarbeitung geeigneter Methoden, Indikatoren und Instrumente im Hinblick auf die Prüfung der Wirkung im Gesamtplanverfahren als auch in Bezug auf die Wirksamkeit von Leistungen sowie deren Überprüfung obliegt damit den jeweiligen Vertragspartnern. Angesichts weitgehend fehlender wissenschaftlicher Untersuchungen stellt sowohl die Entwicklung von Maßstäben für die Wirksamkeit als auch die Festlegung von Indikatoren und Erhebungsinstrumenten die Beteiligten vor eine anspruchsvolle Aufgabe.
Das Papier befasst sich mit den rechtlichen Grundlagen im SGB IX, den Vorgaben zur Qualität und Wirksamkeit in den Landesrahmenverträgen und den Begriffen Wirkung und Wirksamkeit, um Hinweise für eine Begriffsbestimmung auf Basis der aktuellen fachlichen Diskussionen zu geben. Zudem möchte der Deutsche Verein mit den Eckpunkten der Praxis Hinweise und Anregungen zur Wirkungskontrolle im Rahmen der Gesamtplanung und der Überprüfung der Qualität einschließlich der Wirksamkeit an die Hand gegeben.“

 

01.11.2022 | Assistenz im Krankenhaus

Ab dem 1. November 2022 können sich Menschen mit Behinderung bei einem Krankenhausaufenthalt durch vertraute Bezugspersonen begleiten lassen, wenn dies behinderungsbedingt erforderlich ist. Die Begleitung kann dabei auch durch einen vertrauten Mitarbeitenden eines Leistungserbringers der Eingliederungshilfeerfolgen. Die Fachverbände für Menschen mit Behinderung – Bundesverband evangelische Behindertenhilfe, Anthropoi Bundesverband, bvkm, Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie, BV Lebenshilfe – haben zu diesem Thema eine Handreichung erarbeitet. Alle Dokumente zum Thema auf der Website des bvkm:
bvkm.de/ratgeber/assistenz-im-krankenhaus-2/
 
Die Richtlinie über den Personenkreis von Menschen mit Behinderung, die eine Begleitung im Krankenhaus aus medizinischen Gründen benötigen, wurde nun am 11.10.22 im Bundesanzeiger veröffentlicht: www.bundesanzeiger.de – Dort in die Suche eingeben „Richtlinie über den Personenkreis von Menschen mit Behinderung, die eine Begleitung im Krankenhaus aus medizinischen Gründen benötigen“.
Die Richtlinie bestimmt gemäß § 44b Absatz 2 SGB V Kriterien zur Abgrenzung des Personenkreises, der eine Begleitung während einer stationären Krankenhausbehandlung aus medizinischen Gründen gemäß § 44b Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a SGB V benötigt. Das Vorliegen dieser Kriterien ist eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf Krankengeld nach § 44b Absatz 1 SGB V einer bei einer stationären Krankenhausbehandlung mitaufgenommenen Begleitperson aus dem engsten persönlichen Umfeld. Zugleich wird das Nähere zur Feststellung des Vorliegens dieser Kriterien bestimmt.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat eine Themenseite erarbeitet. Sie bündelt Informationen zur neuen Richtlinie und bietet Hilfestellung für die Bescheinigung der medizinischen Erforderlichkeit einer Begleitung.
https://www.kbv.de/html/krankenhausbegleitung.php

Der sozialpolitische Fachtag des bvkm
https://bvkm.de/
vom 17.11.2022 informierte über das Thema "Assistenz im Krankenhaus"
Impulsreferat von Moritz Ernst